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Das Bambus-Lexikon     
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Guadua im tropischen Regenwald.

Als Pionierpflanze im tropischen Sekundärwald mitverantwortlich für den historischen Klimaschock “LIA”

Jörg Stamm, März 2004

Dieser Bericht konzentriert sich auf den forstlichen Teil der interdisziplinären Forschung von Franz Faust1, Hermann Mannstein2, Cristóbal Gnecco3 y Jorg Stamm4.

Abstract:

In diesem Bericht werden mehrere interdisziplinäre Untersuchungen über vorindustrielle Einflüsse des Menschen auf das Klima in Verbindung gebracht und Schlussfolgerungen für aktuelle Anstrengungen zur CO2 Bindung gezogen.

Besonderes Augenmerk erfährt dabei der südamerikanische Riesenbambus "Guadua angustifolia" wegen seiner außerordentlichen Fähigkeit zur Biomasse-Erzeugung. Sein historischer belegter Beitrag zur Wiederbewaldung des tropischen Südamerikas wird er in einen kausalen Zusammenhang mit  der zweiten Welle des Little Ice Age (1550 bis 1850) gestellt: Nach dem weitgehenden Aussterben der Urbevölkerung - mehr als 95% starben bereits im ersten Jahrhundert nach Kolumbus infolge ihrer Immunschwächen gegenüber den europäischen Seuchen - übernahm der tropische Bambus "Guadua" die unbestellten Ackerflächen und band in kurzer Zeit enorme Mengen an CO2, was in Folge möglicherweise zu einem weltweiten Temperatursturz und einer Serie von außergewöhnlich harten Wintern in Europa  führte.

Guadua wird zum ersten Mal in ihrem Potenzial als Pionierpflanze zur geplanten Wiederherstellung tropischer  Sekundärwälder beschrieben. Sie wirkt bei Nährstoffvorbereitung und Wasserhaushalt, fördert die Nachfolge endemischer Baumarten und schneidet den  Wucherpflanzen das Licht ab. Ihre anatomischen und physiologischen Qualitäten werden erklärt und in einem symbiotischen Zusammenhang gestellt mit den langsamer wachsenden Bäumen wertvoller Hölzer  bei der  naturnahen Wiederaufforstung des tropischen Regenwaldes.

Die meisten Daten basieren auf Forststudien über Guaduabestände im Caucatal in Kolumbien, heute das Herzstück der Kaffeeproduktion, früher die Heimat der "Quimbaya" Indianer, einem friedfertigen Stamm,  der "Guadua" als zentralen Werkstoff für Hausbau und Werkzeug im Ackerbau nutzte.  Das durchschnittliche Potenzial der Pflanze, jährlich etwa 9 Tonnen Kohlenstoff  zu binden, wird bezogen auf 300 Jahre Ausfall des Ackerbaus und dadurch Wiederbewaldung. Der historische Bevölkerungsrückgang wird belegt durch die Auswertung der Kolonialarchive über die Steuerzahlungen der Quimbaya Region. Die zur Versorgung der Bevölkerung nötige Fläche im traditionellen Ackerbau wird verglichen mit neuesten anthropologischen Daten über die damalige Bevölkerungsdichte in Südamerika, um daraus die mögliche Fläche der historischen Wiederbewaldung des Kontinents  zu ermitteln.
Etwa 50 - 100 Millionen Hektar ehemalige entwaldeter Fläche wurden so im gesamten amerikanischen Kontinent zurückerobert. Bei einem Mittelwert von etwa 100 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar Hochwald ließen sich 10 Gigatonnen Kohlenstoff aus der Atmosphäre binden. Ein Verlust von 8 ppm CO2 , entsprechend etwa 16 Gigatonnen Kohlenstoff, lässt sich deutlich in den "Lawdome" Eisbohrkernen für die Zeit zwischen 1570 und 1604 nachlesen. Damit lässt sich eine Temperaturabnahme von 0,1 bis 0,2 Grad Celsius rechtfertigen.

  Facultät für Antropologie, Universidad del Cauca, Calle 5 # 4-70, Popayán, Colombia.
2 Fakultät für Anthropologie, Universidad del Cauca.
3 Institut für Physik der Atmosphäre, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), Oberpfaffenhofen, D-82234
4 Fakultät für Umweltwissenschaften, Universidad Tecnológica de Pereira,  (jstamm@emtel.net.co)

Einführung

Als der Botaniker Alexander von Humboldt im Jahre 1801 durch Kolumbien reiste, beschrieb er die außergewöhnliche Häufigkeit und die Dominanz der Bambuswälder über die anderen Baumarten im 500 km langen Tal des Rio Cauca. Aber auch im entfernten Casiquiare, ein Nebenfluss des Orinoco mit natürlicher Verbindung zum Amazonas, beschrieb er diese Pflanze (ein Rohr, so dick wie der Schenkel eines Mannes) und gab ihr den Namen "Bambusa Guadua". Sein Partner Kunth fügte sie dann 1926 als "Guadua angustifolia" in eine korrekte taxonomische Gruppe ein und gab den Namen "GUADUAE" sogar ein für ein eigenes Geschlecht innerhalb der amerikanischen Bambusen. Dieser verholzende Riesenbambus wird neuerdings als Bau"holz" sowie als Leim"holz" geschätzt. Weiterreichende Untersuchungen wurden hauptsächlich durch Londono (2002) veröffentlicht: Sein außergewöhnliches Halmwachstum von bis zu 21 cm am Tag, Durchmessern von bis zu 22 cm und sein Längenwachstum bis zu 30 Metern in 6 Monaten brauchen allerdings eine Reifezeit von 4 oder 5 Jahren bis zur vollständigen Verholzung und Verhärtung. Optimales Wachstum erreicht die Pflanze zwischen 500 und 1500 Metern, bei einem Niederschlag von 1200 bis 2500 mm pro Jahr und Temperaturen zwischen 18 und 24 C, sowie 80 -  90 % Luftfeuchtigkeit. Sie passt sich gut an im tropischen Regenwald (mit bis zu 10.000 mm), aber wächst nicht unter zu trockenen Bedingungen (unter 800 mm). Die Bestandsdichte befindet sich zwischen 3.000 und 8.000 Halmen pro Hektar (Londono 1998, CVC 2000).

Es gibt auch Berichte über ungewöhnlich hohe Biomassebindung bei anderen Bambusarten im subtropischen China und im tropischen Indonesien. Bambus allgemein wird als Nummer 5 in der Rangliste der weltbesten Biomasseproduzenten eingestuft (El Bassam, 2001). Für diesen Artikel werden wir jedoch nur auf amerikanische Bambusarten eingehen, wie etwa die "Chusquea" und "Guadua" - Geschlechter, die in den Anden weit verbreitet sind. Chusquea kommen häufiger an den höheren und kühleren Hängen der Nebelwälder zwischen Kolumbien und Chile vor, wobei sie sofort jede Lücke, die durch eine fehlende Baumkrone entsteht, durch ihr undurchdringliches grünes Dickicht schließen. In der Kolonialzeit befanden sich größere Siedlungen in diesen Höhen in Peru, Ecuador und Kolumbien. Chusquea Dickichte sind dort heute noch sehr verbreitet, aber  Veröffentlichungen sind selten und daher wird diese Pflanze nun nicht weiter berücksichtigt.

Guadua stellt bei weitem die meistverbreiteten und produktivsten der amerikanischen Bambusarten. Mit 8 verschiedenen großen Arten ist er in der gesamten Region von Paraguay bis Panama und vom Meeresspiegel bis zu 2200 Meter in den Andentälern vertreten. Die höchste genetische Variabilität befindet sich in den Nordanden (Marulanda, 2003), wo Sie an fast jedem Flussufer, aber auch in ganzen Bambuswäldern zu finden ist. Allerdings sind in Kolumbien nur noch etwa 50.000 ha als Bambuswald erfassbar, da die Bevölkerung den Bambus in der Vergangenheit als Unkraut und als Konkurrenz zum Weideland angesehen hat. Umweltschutzauflagen sowie moderne Vermehrungsmethoden aus Gewebekulturen sind entwickelt und dienen als Grundlage für die nationale Forstpolitik, die zwar im nationalen Entwicklungsplan etwa 70% des Territoriums als potenzielle Waldgebiete ausweist, aber keine Mittel hat, diese in der Praxis zu kontrollieren oder größere Wiederaufforstungen zu finanzieren.

Guadua als Pionierpflanze

Guadua hat eine erstaunliche Toleranz gegenüber sauren (ph 4.2) sowie auch nährstoffarmen Böden. Sie deckt einen weiten Rang an Niederschlägen, verträgt häufige Überflutung der Wurzeln, bevorzugt aber gutdrainierte Flussufer. Diese Pflanze wächst praktisch überall und ist ein traditioneller Feind des Ackerbauern und Rinderzüchters, da sie sehr schnell ( 1 bis 3 Meter pro Jahr) in unbearbeitete Felder oder offene Wiesen hineinwächst. Über Generationen währende Versuche der Bauern die Guadua zurückzudrängen sind heute von Regierungsseite durch entsprechende Umweltbehörden strikt reguliert und gelegentlich auch kontrolliert.

Bambus:Guadua im tropischen Regenwald.

Fig.1: Guaduahalme wachsen vom Flussufer aus in ein Sorghum Feld hinein

Entsprechende Forschungen haben eine jährliche Trockenbiomasse - Anreicherung von bis zu 76,6 Tonnen pro Hektar gemessen (inklusive dazugehörige Flora wie Palmen, Bäume, Sträucher und Kräuter). Es gibt Guaduawälder mit bis zu 222 Tonnen (DeWilde, 1994) Trockenmasse, damit erreicht dieser Wald etwa 2/3 der Trocken-Biomasse des natürlichen Regenwaldes in Kolumbien mit 322.2 Tonnen (Desmukh, 1986). Um die natürliche Wiederbewaldung offener Flächen mit dieser Pionierpflanze abzuschätzen, kann eine kürzlich von Riano veröffentlichte Studie von frisch angelegten Pflanzungen (400 Setzlinge / Ha) herangezogen werden, bei der bis zu 21,6 Tonnen Trockenmasse oder 10,8 Tonnen Kohlenstoff pro Jahr gebunden wurden. In 6 Jahren wurden 54,3 Tonnen Kohlenstoff gebunden (8600 Halme, plus sonstige Flora), wobei also etwa 195,8 Tonnen CO2 aus der Atmosphäre entzogen wurde (Spezifisches Gewicht  C: CO2 = 1: 3,6).
Diese Produktivität überschreitet sogar die schnellstwachsenden tropischen Baumarten um Faktor 3 bis 4. Sogar subtropische Koniferen wie Pinus Oocarpa, eine dominante Pionierpflanze auf den karibischen Inseln und den mittelamerikanischen Küstengebieten (wo vor Kolumbus große indianische Bevölkerungsgruppen lebten) wird mit nur 172 Tonnen Biomasse (1.200 Pflanzen / Ha) in Rotationen von 18 Jahren angegeben, womit auch sie unter 10 Tonnen Biomasse pro Jahr und damit nur 5 Tonnen Kohlenstoffbindung bleiben (IPEF Piraciciba, 1980).

Ein Kilo trockenes Holz enthält folgende Gewichteverteilung (Wegener, 1999):

· 500 gr. Kohlenstoff
· 430 gr. Sauerstoff
·   60 gr. Wasserstoff
·  1.5 gr. Minerale (Bambus 2,6gr)
·  8.5 gr. Andere Elemente

Um eine Tonne Holz oder Bambus zu produzieren braucht es folgende Eingaben:

Input:
Kohlendioxyd  = 1851 kg.
Wasser   = 1082 kg.

Output:
Holz  = 1000 kg.
Wasser  =   541 kg.
Sauerstoff  = 1392 kg.

Anatomische und Physiologische Vorteile

Das Phänomen des Schnellwachstums der verholzenden Riesenbambusen ist zudem verbunden mit einigen Eigenschaften die sie anderen Pflanzen im gleichen Habitat voraus hat.
• Die Mutterpflanze bietet ihre Stärkelager über das Wurzelsystem den neuen Sprossen zur Verfügung und ermöglicht so deren Wachstum (bis zu 21 cm pro Tag), bis zum Erreichen der Wipfelhöhe in 4 bis 6 Monaten (Länge des Halms = 54,2 x Umfang in Brusthöhe).
• Die bis zu 30 Meter langen Halme durchdringen leicht die Wucher und Schlingpflanzen, bilden ihre Zweige und Blätter und etablieren sich als dominante Pflanze im kolonisierten Gebiet. Feuer und Ascheregen nach Vulkanausbrüchen verbrennen nicht die unterirdischen Wurzelsysteme, so kann die Pflanze als eine der Ersten wieder ihre Sprosse treiben.
• Das C4 Photosynthese Phänomen im Außengewebe des Halms erlaubt die Produktion von eigener Stärke auch im Halbschatten, selbst wenn noch keine Blätter ausgebildet worden sind (Blätter C3) (Lopez et al. Unpublished, Riano  N, 2003).
• Neue Wurzelhälse bilden sich unterirdisch und verbreiten den Radius des Bestandes um 1 bis 2 Meter pro Jahr, - der schnellst "laufende" sympodiale Bambus der Welt.
• Das Phänomen der "Guttation", ähnlich etwa den Tautropfen, die die Pflanze in den kühlen Nachtstunden abgibt, erleichtern den Sprossen die Durchdringung des Bodens, auch waschen die weiter hangaufwärts fallenden Tropfen wichtige Nährstoffe zu den Wurzeln (Liang).
• Guadua hat kein "sporadisches Blühen" wie andere asiatische Bambusen, die nach dem Ausbilden der Fruchtkörper absterben. Ihre wichtigste Vermehrungsform ist vegetativ.
• Jeder Knoten und ganz besonders die Luftwurzeln sind reich an "Stomata" Zellen oder Knospen, die bei Kontakt mit feuchtem Boden neu ausschlagen. Die vegetative Vermehrung durch "chusquines" ist die derzeit empfohlene Methode in der Forstwirtschaft. In der Natur fallen junge, vom Wind abgebrochene, lange Halme sogar gelegentlich aufs andere Ufer und treiben dort neu aus, es gibt also nur wenige geographische Grenzen bei der Ausbreitung.
• Schwimmende Halme, am Ufer abgerissen durch Hochwasser, treiben aus sobald sie irgendwo auflaufen und bilden so flussabwärts weitere Bestände.

Natürliche Forstfolge bei Guaduabeständen -

Von der Übernahme des Ackers durch Guadua zum andinen tropischen Hochwald

Die meisten Beschreibungen in Forschungsberichten über Guadua beginnen mit einem Widerspruch:
Es gibt keine typisches Muster für einen Guaduawald und der darin lebenden begleitenden Flora.
Je nach Bodenbeschaffenheit und klimatischen Bedingungen hat jeder Wald seine eigene Zusammensetzung.

Bambus:Guadua im tropischen Regenwald.

Fig. 2: Guaduahalme und neue Sprösslinge mit der sie umgebenden Bodenflora.

Von Humboldt bemerkte in seinen Schriften bereits die Dominanz der "Guadua" im Bezug auf die vielen anderen tropischen Bäume die in ihrem Schatten vegetierten.
Heute sind 1005 Pflanzenarten, 29 Säugetierarten und 54 Vögel als Bewohner dieses Lebensraums dokumentiert, was zu einer offiziellen  Einordnung als 0,5 von 1, also eine recht hohen Rang in der maximal erreichbaren Biodiversität des kolumbianischen Regenwaldes geführt hat (Cipav, 2003).

Einige Arten wertvoller Hartholzbäume wie etwa die "Lauraceae", oder auch die kommerziell interessanten Papageienschnabel -Blüten "Heliconiae", beides Schattenpflanzen in der Jugend, finden sich sehr häufig in den Guadua beständen.

Der Prozentsatz von begleitender Flora und Fauna hängt direkt von der Entwicklung ohne Einschnitte ab. Ein natürlicher Guaduawald hat 3 Stockwerke in der begleitenden Vegetation (nach Ospina Roman, 2003): Kräuter - bis 30 cm, Sträucher 6 bis 10 m und Bäume - größer als 40 m.

Der "Guadual" beginnt sich zu entwickeln sobald die schnellwachsenden Sprossen durch das Gestrüpp der übrigen Pionierpflanzen stossen. Einmal entwickelt beherrscht er 60 bis 80 % der Biomasse (DeWilde, 1993), danach über Jahrhunderte langsam rückschreitend bis die langen Stämme der großen Baumarten, ein Stockwerk über der Guadua, ein geschlossenes neues Blätterdach ermöglichen.

Die Biodiversität hängt auch von morphologischen Gegebenheiten des Geländes ab. Eine Bestandsaufnahme in verschiedenen Gebieten des Cauca Tals ergab 20% der Guadua auf dem Rücken der Hügel, 47% an den Hängen und 33 in den Tälern und fluvialen Ebenen und zeigte erhebliche Unterschiede der Begleitflora in den jeweiligen Lagen (Ospina, 2003).

Ein reiner Guaduawald existiert ausschließlich als systematisch bewirtschafteter Forst. Mit selektivem Holzeinschlag kann man bis zu 50 Tonnen Trockenmasse Bambus im Jahr außergewöhnliche Erträge erzielen, aber die Flora und Fauna wird durch die "Säuberung" genannte Bewirtschaftung niedrig gehalten. Die Bestände werden so periodisch geerntet und machen den Eindruck einer Monokultur, haben aber immer noch 20% Artenvielfalt. Deshalb hat man nachhaltige Einschlagsmethoden entwickelt, in denen sowohl einige produktive und andere, schützende Areale koexistieren (Camargo 2004).

Obwohl ein tropischer Regenwald in Kolumbien normalerweise bis zum Reifestadium bis zu 400 Jahre benötigt und 300 bis 500 Tonnen Trockenmasse pro Hektar bindet (Saldariaga 1988), könnte mit Guadua als "Aufforstungs-Turbo" viel schneller die notwendige Eingangs-Biomasse und der nötige Mineral - Grundstock für den späteren mehrstöckigen Hochwald erzeugt werden.

Um das symbiotische Verhalten der Guadua mit anderen Baumarten und ihre eigenartige Toleranz zu verstehen, müssen wir in der Pflanzenphysiologie nach Erklärungen suchen. Durch den tropischen Regen werden die Minerale des Bodens permanent ausgewaschen und sinken in die tieferen Bodenlagen ab. Die Wurzeln der Guadua reichen aber, trotz generell vorhandener Endomycorizen, maximal 60 cm tief und kommen nicht mehr an diese Schichten. Einige tieferwurzelnde Bäumchen aber nehmen diese Minerale auf und integrieren sie in ihren Lebenszyklus, daher finden sie sich reichlich im schattigen Bodenbereich eines Guaduabestands.  Die meisten dieser Bäumchen erreichen aber nie das Sonnenlicht, sie verrotten bald und die Zersetzung führt die Nährstoffe in die oberen Bodenschichten zurück, wo die Guaduawurzeln besonders dicht liegen, eine perfekte Symbiose (Liang, persönliche Gespräche).

Eine zusätzliche Studie belegt die "Rolle des Bambus in der Forstfolge nach Holzeinschlag und Brandrodung im Nord-Osten Indiens" und untersucht die gezielte Aufnahme und damit "Rettung" von Nährstoffen wie Stickstoff, Phosphor und Kalium vor der Gefahr der Erosion. Bambus spielt auch dort eine wichtige Rolle unter diesen ökologischen Situationen../..hält das stresstolerantes Gestrüpp und Baumarten für lange Zeit zurück ( Rao, Ramakrishna, 1988).

Dieser Vorgang erklärt auch teilweise die rätselhafte Präsenz von über 185.000 km2 Guadua dominierten Wäldern im amazonischen Dreiländereck Bolivien/Peru/Brasilien. Griscom (1994, ) analysierte 15 Landsat Satellitenbilder und fand das die hellgrünen Flecken hauptsächlich aus Guadua der Arten Guadua paniculata und Guadua weberbaueri bestanden (Stern 2001), die als dominante Pflanzen beschrieben werden und die natürliche Regenwaldsukzession für Jahrhunderte gefangen haben sollen. Die Ursachen könnten natürliche Überschwemmungen oder auch antropogene Einflüsse sein. Stern erwähnt, das die derzeitige Präsenz von Menschen aber nicht die derartig großen Rodungen rechtfertigen kann. Aber nur wenige Forscher haben Kenntnis von dem aktuellen Stand der Entdeckungen zur historischen Bevölkerungsdichte des Andenabhangs und des Amazonastieflandes zu vorkolonialen Zeiten, wie etwa belegt durch Erickson (1998) und Heckenberger (2001). Ist etwa die enorme Bevölkerungsdichte des vorkolonialen America und deren plötzlicher Schwund das vermisste Kettenglied, das schon Humboldt über die Ursache der Guadua Ausbreitung verwunderte.

Bambus:Guadua im tropischen Regenwald.

Fig.3: Landkarte aufgrund der Satelliten Interpretation von Guaduawäldern in Perú, Brasilien und Bolivien. (Yale University)

• Gibt es eine gemeinsame Erklärung dieser Guaduabestände?
• Wieviel Ackerbaufläche gab es im vorkolonialen Amerika?
• Wieviel Kohlenstoff pro km2 kann in 300 Jahren Wiederbewaldung gebunden werden?
• Sind diese Wälder mitverantwortlich für die Klimaschwankungen des "Little Ice Age"?

Guadua in menschlichen Gesellschaften

Guadua wurde von den amerikanischen Indianern schon seit frühesten Zeiten für den Hausbau und zur Verteidigung, aber auch zur Jagd und im Ackerbau verwendet. Die Pflanze wurde auch kultiviert und ist als Gebrauchsgegenstand im täglichen Leben der Eingeborenen seit mindestens 9000 Jahren für Ecuador und Kolumbien nachgewiesen (Moran, 2000).

Der Historiker Juan de Castellanos (1588) beschreibt die "Eingeborenendörfer im Cauca Tal als natürliche Wehranlagen, umzogen von konzentrischen Linien der gigantischen Bambushalme mit ihren stacheligen Zweigen,... um sich gegen Tiere und Feinde zu schützen". Cieza de Leon, ein anderer bedeutsamer Historiker der ersten Kolonialzeit, beschreibt unter Berücksichtigung der engen Beziehung, die diese Völker mit dieser Pflanze eingehen, während seiner Reise durchs Cauca Tal im Jahre 1553, die reichlich vorhandenen Guaduawälder als Hinweis auf große Eingeborenensiedlungen vergangener Zeiten (Patiño 1957).

Der Ackerbau begann im tropischen Südamerika  nur schrittweise von etwa 10.000 Jahren und war anfangs begrenzt auf einfache Techniken wie Hausgärten und Brandrodung. Paläologische Daten aus Pollenanalyse finden wir in den Anden reichhaltig und bis in die frühen Zeiten, sie belegen eine allgemeine Waldabholzung vor etwa 2000 Jahren. Obwohl kultivierbare Früchte bereits sehr viel früher bekannt waren, können wir erst seit etwa 2 Jahrtausenden von einer vom Menschen gestalteten Landschaft sprechen, beherrscht durch Ackerflächen. Obwohl auch Berichte die Aufgabe einiger dieser Felder vor der Ankunft der Europäer belegen, kann doch die Mehrheit der Pollenanalysen eine schnelle Wiederbewaldung mit Beginn des 16. Jahrhunderts belegen, - ohne Zweifel eine Folge des Zusammenbruchs der Gesellschaft und der Umsiedlung der  Bevölkerung (Gnecco C, 2003).

Bambus:Guadua im tropischen Regenwald.

Fig.4: Eingeborenenhaus aus Bambus in Ecuador, wieder erstellt als Touristenzentrum durch den Architekten Ladisich (2002).

Jäger und Sammler, normalerweise Nomadenvölker im Amazonas und auch im Choco (Pazifikseite der Anden), formen unser Bild vom eingeborenen Urwaldbewohner. Allerdings zeigen verschiedene Völker im Amazonasbecken ausgesprochen  komplexe Ackerbau und Fischereimethoden. Heckenberger verwies kürzlich auf die archäologischen Reste eines weitverzweigten Siedlungskomplexes und großräumige Forst- und Schwemmlandtransformation im Xingu Gebiet, eines Nebenfluss des Amazonas, wo sich spätestens seit dem letzten Jahrtausend zwischen 6 und 12 Personen pro km2 ernähren konnten.

Wie im jungsteinzeitlichen Europa entwickelten sich auch in Amerika komplexe Gesellschaften, mit Bevölkerungsdichten bis zu 80 Personen pro km2 Ackerland (Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte wird für das Cauca Tal mit 25 - 35 Personen/ km2 errechnet, Friede, 1962).

Am besten beschrieben ist der Quimbaya Indianerstamm, berühmt für seine Goldschmiedekunst, er besiedelte auf dem östlichen Ufer des Rio Cauca eine fruchtbare Fläche von etwa 1000 km2, auch heute noch eine der dichtbesiedelsten Landschaften Kolumbiens. Der spanische Eroberer  Robledo beschreibt diese Gesellschaft im Jahre 1539 als "den am wenigsten kriegerischen und kaum Widerstand leistenden Stamm, den er erobert hatte,....es war eine der am dichtesten besiedelten Gebiete, dem Ackerbau gewidmet und mit zwei Ernten im Jahr,...das Land ist hügelig und umgeben von Bambusfeldern, man praktiziert eine Art Fruchtwechsel, die Leute sind freundlich und übergeben leichtfertig ihr Gold und ihre Ernten" (Friede, 1962).

Bevölkerungskollaps der Quimbaya aufgrund europäischer Seuchen

Die erste Stadt in der Quimbaya Region gründete man im Jahre 1540, Cartago genannt. Das Umland wurde in "encomiendas" oder Fronhöfe aufgeteilt, in denen jedes Familienoberhaupt als Tributpflichtiger aufgelistet wird. Diese Zählungen wiederholten sich etwa jede 15 bis 20 Jahre, angeordnet vom spanischen König, dem der Schwund seines Einkommens seltsam vorkam und der anfangs nichts von diesem dramatischen Bevölkerungsrückgang glauben wollte. Diese Daten sind für die meisten der ehemalig spanischen Kolonien in Amerika vorhanden und zeugen glaubhaft vom schnellen Niedergang der Ureinwohner. Der biologische Grund ist klar belegt durch die fehlende Immunstärke gegenüber der Serie von europäischen Krankheitskeimen, die nach der Entdeckung in schneller Abfolge über die Neue Welt hereinbrachen. Unbekannte Viren und Bakterien, von der Bevölkerung in Europa und Afrika über 10.000 Jahre Siedlungsgeschichte und Zusammenleben mit Haustieren  bereits assimiliert, waren für die meisten Bewohner des Neuen Kontinents tödlich (Jared Diamond, 1999).

In Cartago, der neuen Hauptstadt des Quimbaya Siedlungsgebiets, verteilt der Zensus im Jahre 1541 die 15.000 Steuerzahler auf 300 verschiedene "encomiendas", jede mit etwa 500 Einheimischen. 1628 sind davon nur noch 69 Menschen vorhanden. Es gab auch praktisch keine Flüchtlinge gegenüber solchen Seuchen wie der "Pest", die im Jahre 1546 durchzog. 1559 wurden nur noch 4.533 (30%), im Jahre 1568 nur 2.876 (19.1%), 1585 nur 1.100 (7.4%), 1604 - zwei Generationen nach der Ankunft der spanischen Eroberer unter Robledo- lebten 140 (0.93%) und 1628, in der letzten Zählung verbleiben nur 69 Steuerzahler (0.46%). Die Stadt Cartago wird aufgegeben, "weil niemand mehr da war der das Feld bestellen konnte", und wird im Jahre 1693 weiter unten im Tal neugegründet, in einem Gelände das als Rinderzuchtgebiet geeignet ist und somit auch mit weniger Arbeitskräften bewirtschaftet werden kann (Friede, 1962).

Die folgende Tabelle fasst die drei größten und die drei kleinsten "encomiendas" sowie die Steuerzahler in den Dörfern zusammen.

Bambus:Guadua im tropischen Regenwald.

Fig.5: Bevölkerungskollaps in den Fronhöfen der Provinz Cartago, zurückzuführen auf eingeschleppte europäische Seuchen (Friede, 1962).

Der Bevölkerungskollaps in Cartago folgt einem allgemeinen Trend im neuen Kontinent. Auf seiner zweiten Reise an Bord der Isabela bringt Kolumbus im Jahre 1493 einen Grippevirus "Schweinepest" genannt mit auf die karibischen Insel "Santo Domingo" und brachte damit die lokale Bevölkerung an den Rand des Aussterbens. Von den geschätzten 1,1 Millionen Eingeborenen sind 1517 nur noch 10.000 am Leben (Guerra 1986, Estrella). Die auf 25,2 geschätzte vorkolumbische Bevölkerung von Zentral-Mexiko allein lässt Schätzungen von über 100 Millionen für den gesamten Kontinent zu (Borah 1964). Die demografische Katastrophe hat keine bekannte Parallele in der Weltgeschichte. In Peru fiel die Bevölkerung von über 9 Millionen auf 600.000 im Jahre 1620, in Central Mexico von 25,2 auf etwa 1 Million. Um 1650 gab es zwar noch Indianer im Hochland, aber an den tropischen Küsten und auf den Karibischen Inseln waren sie verschwunden und wurden durch schwarze Sklaven als Arbeitskräfte ersetzt (Newson 1993).

Als im Jahre 1520 die Pocken von Mexiko bis Chile zogen, starben etwa ein Drittel bis die Hälfte aller Menschen, bevor die Truppen Pizarros überhaupt ankamen. Auch schon vorher konnten einige neue Keime durch den Kontinent gezogen sein, die Gesellschaftsstrukturen waren jedoch noch intakt und die Familien konnten sich von diesen Schlägen erholen. Aber mit der Ankunft der Pocken, bald gefolgt von Masern, Typhus, Pest und Grippe, beginnt eine demografische Katastrophe, die ihren Tiefpunkt etwa um 1620 erreicht. Um 1650 gab es etwa eine Million "Weiße" im spanischsprachigen Amerika, viele von denen genauer gesagt eher "Mestizen", außerdem gab es noch etwa 70.000 in Brasilien. Mittlerweile hatte auch eine halbe Million "Schwarze" den Atlantik überquert (McAlister, 1984: 344).

Als die Missionen in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts begannen in den Amazonas vorzudringen, waren die großen Kulturen und Städte, von denen Francisco de Orellana bei seiner Entdeckungsreise berichtet, bereits verschwunden, da über hundert Jahre seit dem ersten Kontakt mit europäischen Krankheiten vergangen waren. Die Missionen sammelten die Überlebenden um sie vor der Sklaverei zu schützen, lieferten ihnen aber dadurch unfreiwillig die nächste Bombe tödlicher Keime. Die Beschreibung dieser Gruppen als Jäger und Sammler gibt nicht einmal eine Ahnung der großen Kulturen, die in der Agonie erstickten, seit Orellana ihnen die für sie leider tödliche Keime hinterlassen hatte, als er 1546 den Amazonas hinunterfuhr. Linda Newson wird diesen ungeschriebenen Fakten nicht gerecht, wenn sie schreibt: "die tropischen Niederungen wie das Amazonasbecken, da von Jägern und Sammlern bewohnt, bilden eine weitgehend unbesiedelte Dämpferzone, die wahrscheinlich die Ausbreitung der Krankheiten unterbunden hat".

Die Erholung von den geringen Bevölkerungszahlen im 17 Jahrhundert ging sehr langsam vonstatten, so dass selbst bis 1820 kaum genug Menschen zu finden waren, um die nationalen Befreiungskriege gegen die Spanier durchzusetzen. In diesem Zeitraum von 1520 bis 1820 erholten sich die Wälder und wuchsen hinein in die unbestellten Felder Amerikas.

300 Jahre natürliche Wiederbewaldung

Wenn die Wälder in die Felder hineinwachsen, wie lange dauert es um einen Quadratkilometer Land zu bedecken?

Die folgende Grafik zeigt am Beispiel eines vereinfachten Landschaftstyps der Quimbaya Region mit einem Meter Ausdehnung der Guaduawälder pro Jahr. Die Keimzellen liegen and Flüssen und um die versprengten Siedlungen herum. Spätestens nach 250 oder 300 Jahren bleibt kein Ackerland mehr übrig, auch ohne noch an andere Pioniergewächse zu denken.

Obwohl die Natur sich nicht viel aus geometrischen Modellen macht, liegt klar, das man an diesem Beispiel die radiale und auch lineare Ausdehnung als Annäherung akzeptieren kann. Die mathematischen Modelle kommen spätestens nach einigen Jahren an ein Limit, wo sich der neue Wald dem Klimaxstadium des tropischen Hochwalds nähert. Guadua bindet in Schnitt 9 Tonnen jährlich pro Hektar, also 18 Tonnen Trockenmasse (Riano, 2003), dennoch wird im Modell für einen natürlich wachsenden Wald nur die Hälfte angenommen, da Guadua zwar als dominant gilt, aber dennoch auch andere Pionierpflanzen an der Besiedlung der Ackerböden Quimbayas beteiligt waren.

Mit mehr als einem Meter pro Jahr wächst also dieser Bambus ins Land und bindet dabei auf jeder 100 Meter Front mindestens 10 Tonnen Trockenmasse. Jahr um Jahr legt er auch noch 10 Tonnen auf jeden bereits besiedelten Terrain hinzu, also 550 Tonnen in 10 Jahren auf 10 Hektar, aber 4 mal mehr also 2200 Tonnen in 20 Jahren und 20 Hektar, wobei wir bereits 110 Tonnen Biomasse pro Hektar gesammelt haben. Ein Quadratkilometer ist in weniger als 250 Jahren bewaldet und wird leicht sein Klimaxstadium mit 30.000 oder 40.000 Tonnen Trockenmasse erreichen.

Bambus:Guadua im tropischen Regenwald.

Fig.6: Forstexpansion auf 100 Hektar Land, Fluss und Häuser im Abstand von 500 Metern, sind von Guadua -Stauden besäumt.

Basierend auf Friede und seiner Dokumentation der Einwohnerdichte von 60 bis 80 Leuten pro km2 auf der besiedelbaren Fläche des Quimbaya Territoriums ergibt sich ein Verteilungsmodell von 4 Siedlungen mit je 15 bis 20 Personen etwa alle 500 Meter entfernt voneinander. Nach Juan de Castellanos und anderen Historikern waren diese Siedlungen oft hinter Guadua Gehölzen verborgen, genau wie heute noch die meisten Höfe ihr dazu gehöriges Guaduawäldchen pflegen, da es immer noch Teil ihrer wesentlichen Rohstoffs für Hausbau, Weide und Ackerbau darstellt.
Als zwei Jahrhunderte nach dem Aussterben der Botaniker Alexander von Humboldt durch die beschriebene Region wandert und seine botanischen Studien anfertigte, war das aufgegebene Land bereits vollständig mit Wald, meist Guadua, bestanden. Größere Bäume hatten die Krone der Bambushalme noch nicht erreicht. Humboldt kannte anscheinend auch nicht das Ausmaß der früheren Bevölkerungskatastrophe und hatte so keine Erklärung für dieses flächendeckende Phänomen unvollendeter Forstsukzession.  Die historischen Kulturen waren vergessen und es fanden sich praktisch keine baulichen Relikte, als um 1850 die Wiederbesiedlung des weiten Cauca Tals erfolgte, geleitet durch Schatzsucher und Rinderzüchter, die diese unendlichen Bambuswälder beschrieben und sie gleich darauf mit Feuer und Axt wieder urbar machten. Heutzutage sind diese Wälder meist auf kaum zugängliche Steilhänge und Flussufer begrenzt.

Die großen Bambuswälder im Amazonastiefland können mit dem gleichen Muster erklärt werden. Guadua kann als Indikator für die Ortung archäologischer Fundstätten benutzt werden. Präkoloniale Keramikfunde dürften relativ einfach unter den neuen Siedlungen im Dreieck Peru, Bolivien und Brasilien zu finden sein, wo derzeit riesige Bambuswälder der extensiven Viehzucht zum Opfer fallen. Können wir von einer Wiederbesiedlung dieser Region sprechen? Die Verteilung der Bambusflächen auf den Satellitenfotos erlauben Schätzungen zur geografischen Verteilung früherer menschlicher Siedlungsgebiete im Amazonas.  Die derzeitige Bevölkerungsdichte ist geringer als 3 Einwohner pro km2, aber historische Beschreibungen von großen Städten (Franzisco de Orellana, 1564) lassen eine weit höhere Besiedlung vermuten. Für die Gebiete von Weißwasserflüssen im Amazonasgebiet wird eine durchschnittliche Tragfähigkeit von  14 Personen pro km2 geschätzt (Fittkau, 1987). Derzeitige Untersuchungen der "Terra Preta"- Böden in Brasilien (Heckenberger 2003) und Bolivien verdoppeln die Kapazität der Bevölkerungsdichte (Erickson, 2001) auf 28 bis 30 Personen und schätzen diese Gebiete auf bis zu 10% des Amazonasbeckens.

Vom Ackerland zum Waldgebiet

Die zum Ackerbau bestimmte Fläche und die Größe der Bevölkerung Südamerikas sind seit Jahren unter Fachleuten in der Diskussion und verschiedene Untersuchungen schätzen die Bevölkerung des gesamten Kontinents vor der Ankunft Kolumbus auf bis zu 112 Millionen (Dobyns, 1966). Abhängig von der Fruchtbarkeit des Bodens und der damit verbundenen Dichte der Besiedlung, sind die Sterbequoten (Toter / Überlebender) auch unterschiedlich. In den fruchtbaren und dicht besiedelten Flussebenen, wie etwa des Rio Guayas in Ecuador, wo auch heute noch Tausende von km2 mit Hügelfeldern (Fig. 10) zu sehen sind, wissen wir von einer Sterbequote im 16. Jahrhundert von 60:1. Kühlere Regionen wie die Täler der Hochanden waren weniger besiedelt und weniger - etwa 5:1 - durch die Seuchen betroffen (Newson, 1993). Eine allgemein gültige Quote mag bei 25:1 liegen und trifft die weithin belegte Annahme das mindestens 95 % der eingeborenen Bevölkerung Amerikas im 16 Jahrhundert ausstarb.

Die folgende Landkarte Fig. 7, zeigt das nationale Territorium Kolumbiens mit 1´140.000 km2 und einer derzeitigen Bevölkerung von etwa 42 Millionen Menschen, von denen 75% in Städten und nur 25% im ländlichen Raum leben. Die vorkoloniale Bevölkerungsmenge von etwa 20 Millionen wurde in Kolumbien erst nach dem zweiten Weltkrieg wiedererreicht.

Bambus:Guadua im tropischen Regenwald.

Fig.7: Geografische Landkarte Kolumbiens mit den Gebirgszügen der Anden und den Regenwaldgebieten.

Erst im 19. Jahrhundert sind die Ackerflächen langsam wieder durch den Bevölkerungsanstieg benötigt worden, aber im ländlichen Raum Kolumbiens leben heute weniger als 20 Personen pro km2, immer noch weniger Menschen als vor Kolumbus.

Wenn man zur Ernährung eines Menschen etwa einen Hektar als die durchschnittlich benötigte Ackerfläche ansetzt, also für das vorkoloniale Amerika etwa 110 Millionen Hektar oder 1,1 Million km2, dann kann man annehmen, das 95% dieser Fläche in den folgenden 2 bis 3 Jahrhunderten mit Wald zugewachsen sind.

Die Landkarte aus dem regionalen Entwicklungsplan der Gemeinde Quindio, auch im Cauca Tal gelegen, zeigt die Fuktion der biologischen Korridore entlang der Uferbereiche der Flüsse.

Bambus:Guadua im tropischen Regenwald.

Fig. 8: Biologische Korridore entlang der Flüsse erreichen jede Klimazone, vom Flachland (gelb, etwa 1200m hoch) bis in die Hochlagen (dunkelgrün, bis 4000 Meter) der Anden. Ein 30 bis 200 Meter breiter Gürtel soll durch Wiederbewaldung beider Ufer bei mäßiger Bewirtschaftung, der Erhaltung und der Verbreitung von Flora und Fauna dienen.

Ganz ähnlich stellt sich die Bedeutung dieser schwer zugängliche Schluchten als Ausgangspunkt der historischen Wiederbewaldung im 17 und 18 Jahrhundert dar. Die über Jahrtausende zurückgedrängte Vegetation übernahm nach dem weitgehendem Aussterben der Menschen in erstaunlich kurzer Zeit wieder Besitz der Ackerflächen.

 

Kohlenstoffbindung mit weltweiten Auswirkungen - dem "Little Ice Age"

Die "Kleine Eiszeit" oder LIA ist ein gut dokumentiertes, klimatisches Phänomen zwischen 1550 und 1850, bei dem einige extrem harte Winter mit ungewöhnliche Bedrohungen aufeinander folgen. Man schreibt vom Vorschnellen der Gletscher in den Alpen, die Themse friert vollkommen zu, Hungersnöte und Abwanderungen großer Bevölkerungsteile finden statt. Es gibt reichlich Erklärungen für diese ungewöhnlich niedrigen Temperaturen, wie etwa Vulkanexplosionen oder Sonnenflecken, aber menschliche Einflüsse wurden im allgemeinen zurückgewiesen. Der menschliche Eingriff soll erst mit dem Beginn der Industrialisierung beginnen und dem massiven Gebrauch der fossilen Energieträger bei der Fabrikation von Stahl und den von James Watt 1765 erfundenen Dampfmaschinen als Ursache haben.

Michael Williams zeigt aber das bereits seit 8000 vor Christus eine fortschreitende Entwaldung und errechnet einen preindustriellen Waldrückgang von 7 bis 8 Millionen km2, der damit auch kontinuierliches Ansteigen des CO2 Gehalts in der Atmosphäre bewirkte. "Feuer und weidende Tiere können einem Wald mit nur wenig Mühe schädigen. Die neusteinzeitliche Ackerbaukultur und die Besiedlung hatten weit mehr räumliche und zeitliche Vielseitigkeit als vorher angenommen. Beständige Siedlungen und Ackerbau gab es an vielen Orten."  Er erwähnt die Funde antropogener Holzkohle im Amazonas und im Gebiet der Mayas als "Beweis für den fortschreitenden Gebrauch der Rohstoffe" durch die Ureinwohner. " In den Amerikas führte die Einführung tödlicher Keime nach 1492 zu einem Bevölkerungskollaps von 53,9 Millionen vor 1492 auf einem Rückgang  um 89 %. Die Aufgabe der Felder war allgemein verbunden mit einem Anwachsen der Wälder in Ausdehnung und Dichte, so dass um 1750 die Amerikas wohl mehr bewaldet waren als 1492 (Williams 2000).

Das Phänomen des "Hockey Stocks", oder der ansteigenden CO2 Kurve ist allgemein bekannt in der weltweiten Klimadiskussion. Kürzlich veröffentlichte Forschungen durch Etheridge et al. (1996) der Law dome Eiskerne aus der Antarktis, decken aber durch die sehr detaillierte zeitliche Auflösung der letzten 1000 Jahre einige Unregelmäßigkeiten in dieser CO2 Kurve auf, die von ihm interpretiert werden als: " es muss einen Wandel der Landnutzung gegeben haben". Die Kurve zeigt um 1540 einen unerwarteten Schwund, beginnend mit 283.1 ppm und dem Tiefpunkt in Jahre 1615 mit nur 275.3 ppm - eine erstaunliche Parallele zum Bevölkerungsschwund in Amerika und der damit verbundenen Wiederbewaldung. Die Kurve benötigt weitere 200 Jahre um bei 1805 wieder ein Verhältnis von 283.4 zu erreichen, von wo dann auch die bedrohliche Steigerung bis auf 320.4 ppm im Jahre 1975 startet (Etheridge 1996).

Bambus:Guadua im tropischen Regenwald.

Fig.9: Kohlendioxyd Mischungsverhältnis aus antarktischen Eiskernen, Etheridge et al. 1996.

Ruddiman zeigte im Jahre 2003 mit einem breiten Fächer an Nachweisen für die Rückdrängung der natürlichen Wälder seit etwa 8000 Jahren und der Reisanbau seit 5000 Jahren eine Erwärmung von 0,8 Grad im globalen Mittel und 2 Grad in Nördlichen Breiten herbeigeführt haben. "Die CO2 Oscillationen von ~ 10 ppm in den letzten 1000 Jahren lassen sich durch Aufgabe von Bauernhöfen im Westen Eurasiens in Folge der Pest-Epidemie erklären. Die Wiederbewaldung auf den verlassenen Äckern band dabei genügend Kohlenstoff, um die erwähnte CO2 Senkung zu rechtfertigen. Änderungen des CO2 Gehalts durch die Pest waren damit ein entscheidender kausaler Faktor für die Temperaturänderungen während des Little Ice Ages von 1300 bis 1900 nach Christus.(Ruddiman 2003)

Die ausgleichende Kohlenstoffaufnahme der Ozeanischen Tiefen über längere Zeiträume berücksichtigend, schließt Ruddiman auf eine erforderliche Bindung von ~35 bis ~ 90 Gigatonnen Kohlenstoff, um die Verringerung des CO2 von 4 bis 10 ppm im Mischungsverhältnis der Eiskerne zu erklären. Die Pandemie der Beulenpest zwischen 1347-1352 AD erscheint den Anomalien des CO2 Gehalts zwischen -5 a -10 ppm der analysierten Eisproben zu entsprechen. Die zweite Senkung zwischen 1550 und 1800 wird auch als Konsequenz des Bevölkerungsrückgangs aufgrund von Seuchen in Europa und Amerika interpretiert. Allerdings unterschätzen seine Berechnungen noch die Zahl der Ureinwohner und des vorher bewirtschafteten Landes, sowie den Wirkungsgrad der Seuchen in der Neuen Welt.

Bambus:Guadua im tropischen Regenwald.

Fig. 10: Hügelfelder aus vorkolonialer Zeit in den Niederungen des Rio Guayas in Ecuador durchziehen heute noch weite Gebiete und zeugen von einem ausgeklügeltem Ackerbausystem auch in von häufigen Überschwemmungen bedrohten Flussniederungen durch die Kulturen der Eingeborenen.

Wenn sich in etwa 1000 km2 des bewohnbaren Territoriums der Quimbaya etwa 60 a 80000 Ackerbaufläche befanden um 60 bis 80000 Bewohner zu ernähren, dann sind etwa 60 a 80% des Gebietes anschließend durch Guadua und begleitende Vegetation bewaldet worden.

Nach nur 100 Jahren ungebremsten Wachstums, bei einem Meter Landnahme pro Jahr und pro 100 Meter entlang der Flussufer, (also einem ha und damit 10 Tonnen Biomasseanreicherung), entsteht schon ein Quadratkilometer tropischer Hochwald.

Auf den fruchtbaren Böden des Caucatals reichern sich 550 Tonnen / ha Trockenmasse an, oder 27.000 Tonnen gebundener Kohlenstoff pro km2. Untersuchungen über Biomasseanreicherung in Sekundärwäldern nach Brandrodung zeigen 130 Tonnen in 35 Jahren, oder 3,5 Tonnen pro Jahr (Saldariaga et al 1988).
Der tropische Regenwald accumuliert im allgemeinen zwischen 155 y 187 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar in der oberirdischen Biomasse (Brown 1990) und Wälder fixieren generell um den Faktor 20 bis 100 mal mehr Biomasse als Ackerfrüchte (Houghton 1990, Datos de Guariguata 2002). Der Vergleich dieser Daten bei normaler Forstsukzession dient als Wachstumsanzeiger, wobei wir mit der Pionierpflanze guadua angustifolia eine wesentlich schnellere Anreicherung erreichen, Grund genug diesen Riesenbambus je nach Standortbedingungen in Forstprogramme zu integrieren.

Die Böden Amerikas erlauben aber nicht überall ein Biomasse von 550 to/ha wie in der Quimbaya Region. Auch Feuer und andere Faktoren können CO2 freisetzten, aber 10.000 Tonnen gebundener Kohlenstoff pro km2 (oder 100 x 100 ton/ha) sind eine konservative Annahme und sollen als kontinentale Perspektive für Sekundärwälder dienen.
Eine Million km2 (oder 100 Millionen Hektar) wiedererstandener Wald können damit 10 Giga Tonnen Kohlenstoff (oder 36 Gt CO2) aus der Atmosphäre binden. Nach Hermann Mannstein rechtfertigt bereits die Hälfte dieser Menge die Unregelmäßigkeiten der CO2 Kurve zwischen 1540 und 1805 und führte im Mittel zu einem weltweitem Erkalten von etwa 0,2 Grad Celsius.
"Zusätzlich zum Einfluss auf die CO2 Werte und die damit verbundenen Beugung der Strahlung sind auch Einflüsse auf das Regionalklima wahrscheinlich: vermehrte Verdunstung und Wasserspeicherung in den wiederbewaldeten Gegenden. Reduzierte Strahlungsbeugung und verminderte atmosphärische CO2 Werte zusammengenommen, ausgelöst durch den Zusammenbruch der eingeborenen Bevölkerung Amerikas,  stellen einen zusätzlichen Faktor dar, der den Nordatlantik dann in das "Little Ice Age" genannte Klimaphänomen trieb. (Mannstein in Faust et al. 2004).

Diskussion

Die gleiche Fläche wieder zu bewalden, hätte heute nicht den gleichen Effekt, da die Spanne von 7,8 ppm CO2 zwischen 275,3 y 283,1 ppm im 16 Jahrhundert etwa 3,1 % ausmachte, im heutigen Mischungsverhältnis bei 375 ppm nur noch 2,3 % des Kurvenwerts beträgt. Dennoch stellt es ein ermutigendes Argument zur Förderung weltweiter Wiederaufforstung dar.

Die Übereinstimmung von Bevölkerungsrückgang, Wiederherstellung der Walddecke, Kohlenstoffbindung und Klimawandel sind durch eine Kausalkette verbunden. Der katastrophale Zusammenbruch etwa eines Viertels der Weltbevölkerung wird als das vermisste Kettenglied der Klimageschichte angeboten: Kolumbus verursachte das Little Ice Age.

Der kürzlich erst kontrollierte Ausbruch von "SARS" zeigt das Viren und Bakterien auch heute die Weltbevölkerung bedrohen. Auch die schnell ansteigenden Meere mahnen die Bewohner der küstennahen Flachländer zum Handeln. Natürlich möchte niemand eine Wiederholung der historischen Ereignisse von Epidemien und ihren klimatischen Folgen. Der historische Ablauf zeigte jedoch deutlich die Klima-Effizienz von großflächiger Wiederaufforstung, - leicht zu wiederholen in den weltweiten Erosionsgebieten und den Ödflächen.

In Kolumbien gibt es nicht nur riesige Gebiete, die durch extensive und ineffiziente Viehzucht abgewirtschaftet und damit erosionsgefährdet sind, auch die "Verbrannte Erde" Politik der kolumbianischen Regierung bei der Drogenanbaubekämpfung mit Entlaubungsmitteln (350.000 Hektar) hat große Ödflächen produziert. Die meisten Ländereien werden derzeit nicht genutzt, da die Unsicherheit auch eine Abwanderung der Investitionen bewirkt hat. Dem nationalen Entwicklungsplan zufolge sollen in den nächsten drei Jahren 180.000 Hektar wiederaufgeforstet werden, weitere 1,5 Millionen Hektar des nationalen Territoriums sind als zu beforstende Gebiete ausgewiesen, auch wenn sie unmöglich aus dem Haushaltsbudget finanziert werden können.

Industrielle Bearbeitung von Riesenbambus, bei nachhaltiger und selektiver Ernte, bieten bereits nach zehn Jahren eine akzeptable Rendite auf die geleisteten Investitionen. Auf diese Weise können die zusätzlich gepflanzten, aber langsam wachsenden Bäume wertvoller Hölzer inmitten der Guadua Pflanzungen ungestört wachsen, bis sie nach mehreren Jahrzehnten zur Schlagreife kommen.

Zusammenfassung:

· Der historische Bevölkerungskollaps im Doppelkontinent Amerikas wird in einen Kausalzusammenhang mit dem Klimaphänomen "Little Ice Age" gebracht.
· Die von 1540 bis 1615 schnell fallende demographische Kurve entspricht direkt der deutlich absteigenden CO2 Kurve in den Eiskernen aus der Antarktis, die wiederum als Konsequenz zu den sich schnell ausbreitenden Wäldern, auf einer Fläche von mehr als einer Million Quadratkilometern in der Neuen Welt, gesehen wird.
· Diese schnelle Erholung ist nur durch die erstaunliche Wachstumsleistung von Pionierpflanzen erklärbar, wie etwa Pinus oocarpa in subtropischen und Guadua angustifolia in tropischen Breiten.
· Diese Argumentation ist bei weitem "bodenständiger" als frühere Theorien die auf Spekulationen über Sonnenflecken zurückgreifen. Allerdings verlangt ihr interdisziplinärer Ansatz eine kritische Diskussion in jedem ihrer Fachbereiche, wie Archäologie, Meteorologie und Forstwissenschaft.
· Die verholzenden Riesenbambusen sind ein Schlüsselelement in der schnellen Wiederaufforstung und einer gezielten Forstfolge hin zum Climaxstadium des tropischen Regenwaldes, der dabei auch nachhaltig genutzt werden kann.
· Wegen seiner entscheidenden Rolle als Kohlenstoffbinder, wie auch als Katalysator in massiven Wiederaufforstungsmaßnahmen, sollte diese Graminie (Familie der Gräser) unverzüglich vom Kyotoprotokoll aufgenommen werden.
· Guadua ist eine ausgezeichneter Pionier bei der Einrichtung von biologischen Korridoren, zum Beispiel zur Verbindung von vereinzelten Waldgebieten über große Rinderweiden.
· Massive Wiederaufforstung in den Tropen mit Hilfe des Riesenbambus guadua angustifolia, in Verbindung mit einer industriellen Verarbeitung der als Holzersatz geeigneten Halme, bieten ein nachhaltiges und kurzfristig zur Verfügung stehendes Einkommen für Investoren und Bauern.

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Gewichte und Maße:

1 ha = ein Hektar (10.000 Quadratmeter, oder 2,47 acres)
1 km2 = ein Quadratkilometer (100 Hektar, oder 0,386 square miles)
1 ton = eine metrische Tonne (1000 kg, oder 1,102 U.S. tons)
1 GtC  = Eine Gigatonne Kohlenstoff  = 109 tons.



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